Am kommenden Sonntag, 10. Dezember 2017, dürfen die Geschäfte in den Stadtteilen Stadtmitte, Altstadt und Carlstadt anlässlich des Weihnachtsmarkts geöffnet sein. Dies hat heute das Oberverwaltungsgericht in einem von der Gewerkschaft ver.di gegen die Freigabe der Ladenöffnung durch die Stadt Düsseldorf angestreng­ten Eilverfahren entschieden.

Der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat ausgeführt, die Einschätzung des Rates der Stadt Düsseldorf, der Weihnachtsmarkt stehe gegenüber einer Öffnung der Verkaufsstellen in den innerstädtischen Stadtteilen im Vordergrund, sei im Ergebnis rechtlich nicht offensichtlich zu beanstanden. Zwar habe das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, die Prognose, der Weihnachtsmarkt lasse am 10.12.2017 für sich genommen ein größeres Besucheraufkommen erwarten, als es allein durch eine Verkaufsstellenöffnung ausgelöst werde, sei nicht schlüssig und vertretbar begründet. Ein am 10.12.2017 in erster Linie durch den Weihnachtsmarkt ausgelöstes Besucheraufkommen sei mit Blick auf die von der Ladenöffnung betroffenen zentralen und überörtlich bedeutsamen Einkaufsbereiche der Einkaufsstadt Düsseldorf auch nicht offensichtlich. Gleichwohl sprächen nach Aktenlage gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Ladenöffnung trotz unzulänglicher Besucherprognose als bloßer Annex des Weihnachtsmarktes erscheine.

Eine schematische Gegenüberstellung der jeweils ungefähr zu erwartenden absoluten Besucherzahlen sei zur Beurteilung der prägenden Wirkung der jeweiligen Veranstaltung nicht in jedem Fall hinreichend aussagekräftig. Entscheidend sei, ob bei Würdigung der gesamten Umstände die Ladenöffnung als bloßer Annex zu der anlassgebenden Veranstaltung erscheine.

Dafür spreche hier der Umstand, dass es sich bei dem Weihnachtsmarkt in der Düsseldorfer Innenstadt um eine Veranstaltung von beträchtlicher Größe und Attraktivität handele, die während der Adventszeit jedenfalls eine ganz erhebliche Zahl sowohl innerstädtischer als auch auswärtiger deutscher und ausländischer Besucher anziehe. In einer innerstädtischen Umgebung, die bereits generell in besonderer Weise durch das wirtschaftliche Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und das alltägliche Erwerbsinteresse potenzieller Kunden geprägt sei, könne eine im städtischen Leben herausragende Veranstaltung wie der Weihnachtsmarkt in ihrer öffentlichen Wirkung selbst bei einem nicht in erster Linie veranstaltungsbedingten Besucheraufkommen in den Vordergrund treten. Schließlich dürfte ein hinreichend enger räumlicher Zusammenhang zwischen dem Weihnachtsmarkt und der Ladenöffnung in den Stadtteilen Stadtmitte, Altstadt und Carlstadt bestehen.

Der Senat hält den in den Medien verstärkt erhobenen Einwand für unzutreffend, dass eine regelmäßig erforderliche Besucherprognose nicht mit vertretbarem Aufwand geleistet werden könnte und an der Lebenswirklichkeit vorbeigehe. Die Stadt habe diesen Einwand im gerichtlichen Verfahren zwar nicht erhoben. Allerdings werde ihr Oberbürgermeister in Zeitungsberichten mit der Äußerung zitiert, die Stadt müsse „einen absurden Aufwand betreiben, nur um nachzuweisen, was mit Blick auf die Anziehungskraft der innerstädtischen Weihnachtsmärkte offensichtlich ist“.

Der Senat hat deshalb nochmals klargestellt, für die erforderliche prognostische Beurteilung komme es nicht auf exakte Zahlen, sondern angesichts tatsächlich bestehender erheblicher Prognoseunsicherheiten lediglich auf ungefähre Größenordnungen an. Dies setze allerdings voraus, dass sich die Gemeinde in einer auch für die gerichtliche Überprüfung nachvollziehbaren – dokumentierten – Weise Klarheit über Charakter, Größe und Zuschnitt der Veranstaltung verschaffe. Dies sei in einem Rechtsstaat nicht absurd, sondern eine Selbstverständlichkeit, und überdies nicht unvertretbar aufwändig. Für eine prognostische Abschätzung der zu erwartenden Besucherströme wesentliche Zahlen müssten nicht notwendig aufwendig beschafft werden. Sie lägen der Gemeindeverwaltung typischerweise vor. Gerade in Bezug auf besonders besucherstarke Anlässe, die Voraussetzung für eine Freigabe der Ladenöffnung seien, seien solche Zahlen und Prognosegrundlagen schon für die Zulassungsentscheidungen und damit verbundene Sicherheitskonzepte unverzichtbar.

Der Senat hat zudem angemerkt, dass gerade das vielfach festzustellende politische Bestreben, dem Handel jenseits rechtfertigender Sachgründe und konkreter Anlässe einen zusätzlichen Umsatz an Sonntagen zu verschaffen, ohne Änderung der Verfassung unzulässig ist. Der Gesetz- und Verordnungsgeber ist durch Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV aufgerufen, den Sonntag gegenüber dem Alltag an sechs Wochentagen „gesetzlich“ vor bloßen Umsatzinteressen zu „schützen“, nicht aber hierfür zu öffnen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Aktenzeichen: 4 B 1538/17 (VG Düsseldorf 3 L 4659/17)