Das Oberverwaltungsgericht hat heute in einer Berufungsverhandlung entschieden, dass einem 48-jährigen syrischen Familienvater aus Aleppo nicht die Flüchtlingsei­genschaft zuzuerkennen ist. Es sei nicht davon auszugehen, dass zurückkehrende Asylbewerber allein wegen ihres Asylantrags, ihres Aufenthalts hier oder wegen ille­galen Verlassens ihres Heimatlands vom syrischen Staat als politische Gegner ver­folgt würden.

Der Kläger floh im September 2015 aus dem seinerzeit belagerten Aleppo über die Türkei und die Balkanroute nach Deutschland und beantragte dort Asyl. Das Bun­desamt gewährte subsidiären Schutz wegen der auf Grund des Bürgerkriegs dro­henden Gefahren, versagte aber die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Diese begehrte der Kläger mit einer vor dem Verwaltungsgericht Münster erhobenen Klage, die Erfolg hatte.

Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Berufung der Bundesrepublik Deutschland das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte der 14. Senat aus: Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfordere, dass dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen seiner politi­schen Überzeugung oder Religion eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte drohe. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts könne das nicht festgestellt werden. Die vom Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 14.2.2012 (14 A 2708/10.A) festgestellte Gefahr für jeden rückkehrenden Asylbewerber, unter Folter zu seinen Kenntnissen über die Exilszene verhört zu werden, könne unter den heutigen Bedingungen nicht länger angenommen werden und würde ohnehin nur zum bereits gewährten subsidiären Schutz führen. Es gebe keine Erkenntnisse, dass rückkehrende Asylbewerber wegen ihres Asylantrags und Aufenthalts hier und eventuell noch wegen illegalen Verlassens Syriens vom syrischen Staat als politische Gegner angesehen und verfolgt würden. Dies sei auch angesichts Millionen syrischer Flüchtlinge und der mehreren hunderttausend syrischen Asylbewerber in Europa auszuschließen. Es hieße, dem syrischen Regime ohne greifbaren Anhalt Realitäts­blindheit zu unterstellen, wenn angenommen werde, es könne nicht erkennen, dass die Masse der Flüchtlinge vor dem Bürgerkrieg fliehe. Schließlich könne eine Gefahr asylrechtlich relevanter Verfolgung auch nicht aus den Umständen gefolgert werden, dass der Kläger Sunnit sei, aus einer umkämpften Stadt stamme und materielle Ver­luste durch Kriegshandlungen seitens des syrischen Staats erlitten habe.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist Nicht­zulassungsbeschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entschei­det.

Beim Oberverwaltungsgericht sind zurzeit weitere 38 Verfahren syrischer Asylbewer­ber anhängig, in einem Fall ist die Berufung zugelassen worden. Bei den sieben Verwaltungsgerichten in Nordrhein-Westfalen sind mehr als 12.000 Syrien-Verfahren anhängig.

Aktenzeichen: 14 A 2316/16.A (I. Instanz: VG Münster ­8 K 2127/16.A)

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