Dies hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen durch zwei heute verkündete Urteile entschieden.

In den Jahren seit etwa 1980 sind in Deutschland bei Blutern und anderen Empfängern von Blutprodukten HIV-Infektionen (Auslöser des Krankheitsbildes AIDS) aufgetreten. Das Virus war durch zahlreiche damals gebräuchliche und als Arzneimittel zugelassene Blutprodukte (v.a. Blutkonserven, gerinnungsfördernde Medikamente) übertragen worden, teilweise noch bevor die Krankheit AIDS der medizinischen Forschung überhaupt bekannt war. Die Problematik war Gegenstand eines Untersuchungsausschusses des 12. Deutschen Bundestages, der im Oktober 1994 seinen Abschlussbericht vorgelegt und darin ein Fehlverhalten des damaligen Bundesgesundheitsamtes, der Pharmaindustrie, der Blutspendedienste und der Ärzteschaft festgestellt hat (BT-Drs 12/8591). Der Bundesgesetzgeber hat daraufhin durch das Gesetz über die humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen vom 24. Juli 1995 (HIV-Hilfegesetz) eine Stifung errichtet, um den Opfern dieser Arzneimittelkatastrophe und ihren Angehörigen möglichst schnell zu helfen. Ansprüche bestehen aber nur, wenn die HIV-Infektion sich vor dem 1. Januar 1988 ereignet hat; danach Infizierte sind nicht anspruchsberechtigt. Diese Stichtagsregelung haben Betroffene, die nach dem 31. Dezember 1987 infiziert worden sind, als verfassungswidrig angegriffen.

Das Oberverwaltungsgericht hat die angegriffene Regelung als verfassungsgemäß angesehen und die Berufungen betroffener Patienten gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Köln zurückgewiesen. In der mündlichen Urteilsbegründung führte der Vorsitzende des 8. Senats, Dr. Seibert, hierzu u.a. aus:

Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Anspruchsberechtigung durch eine Stichtagsregelung auf den Zeitraum bis einschließlich 1987 zu begrenzen, verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG). Der Gesetzgeber habe zu Recht davon ausgehen dürfen, dass viele der bis 1987 durch Blutprodukte übertragenen HIV-Infektionen im Wesentlichen auf die unsichere wissenschaftliche Erkenntnislage bei Arzneimittelherstellern, Ärzteschaft, Behörden und Patienten über die erheblichen Risiken von Blutprodukten zurückzuführen seien. Bis Ende 1987 hätten das Blutspendewesen sowie die Herstellung und Anwendung von Blutprodukten auf Grund des fortgeschrittenen wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses so weit umgestaltet werden können, dass die Risiken einer HIV-Infektion insgesamt deutlich geringer und für die Betroffenen klarer einschätzbar geworden seien als zuvor. Die veränderte Lage habe auch die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen insbesondere gegen pharmazeutische Unternehmer erleichtert. Nicht zuletzt im Interesse einer möglichst zügigen Entschädigung der Opfer habe der Gesetzgeber einheitlich alle Blutprodukte mit der Stichtagsregelung erfassen dürfen.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen.

8 A 3943/00,

8 A 3944/00