Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Satzung der Stadt Neuss über die förmliche Festlegung des städtebaulichen Entwicklungsbereichs "Allerheiligen" für nichtig erklärt.

Der städtebauliche Entwicklungsbereich umfaßt ein Gelände von ca. 160 ha Größe. Hier sollen 2.100 Wohnungen für rund 6.000 Einwohner entstehen. Dadurch sollen die vorhandenen Ortsteile Allerheiligen, Elvekum, Kuckhof und Gier zu einem zusammenhängenden Wohngebiet mit den dazugehörigen Infrastruktureinrichtungen weiterentwickelt werden. Hat die Gemeinde einen städtebaulichen Entwicklungsbereich förmlich festgesetzt, hat sie die Grundstücke in diesem Bereich zu erwerben, notfalls durch Enteignung, und zwar zu dem Preis, der sich ohne Vorbereitung und Durchführung der Entwicklungsmaßnahme ergäbe. Sie soll die Grundstücke zu dem Verkehrswert veräußern, der sich durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des städtebaulichen Entwicklungsbereichs ergibt. Aus der Differenz finanziert sie die Maßnahme.

Wegen der enteignungsrechtlichen Wirkung einer Entwicklungssatzung, muß die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Das ist unter anderem der Fall, wenn sie zur Deckung eines erhöhten Wohnbedarfs erforderlich ist. Hierauf hatte die Stadt Neuss sich gestützt.

Das Oberverwaltungsgericht hat nach der mündlich gegebenen Urteilsbegründung keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften, die eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme zulassen. Es hat aber angenommen, daß die Voraussetzungen dieser Vorschriften im Fall "Allerheiligen" nicht vorlagen. Der Stadt sei auf der Grundlage des eigenen Zahlenwerks nicht der Nachweis gelungen, die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme sei in dem beschlossenen Umfang zur Deckung eines erhöhten Wohnbedarfs erforderlich. Der Stadt stünden zur Deckung des Wohnbedarfs mehr Wohnbaupotentiale zur Verfügung, als sie in die Begründung ihrer Satzung eingestellt habe. So sei beispielsweise die erhebliche Zahl von Wohnungen nicht berücksichtigt, die zu Beginn des Prognosezeitraums zwar genehmigt, aber noch nicht fertiggestellt gewesen seien; ferner sei der gesamte Ersatzbedarf berücksichtigt worden, beispielsweise auch für abgerissene Gebäude, ohne Rücksicht darauf, daß diese Grundstücke für eine Neubebauung wider zur Verfügung stünden. Unberücksichtigt geblieben sei die erhebliche Zahl bebaubarer Baulücken sowie Bauflächen im Gebiet Allerheiligen, die im Flächennutzungsplan bereits als Wohnbauflächen dargestellt seien. Danach stelle sich die Deckungslücke wesentlich geringer dar, als von der Stadt angenommen. Im enteignungsrechtlichen Sinne erforderlich sei die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme aber erst nach Ausschöpfung der anderen Möglichkeiten einen Wohnbedarf zu decken. Die Satzung habe danach insgesamt für nichtig erklärt werden müssen, weil es nicht Aufgabe des Gerichts, sondern des Rates sei, die Maßnahme gegebenenfalls umzuplanen.

Az.: 10a D 62/94.NE und 10a D 123/94.NE